Das Konzept der zweiten Note


Kennen Sie das Problem, Ihnen gelingt es beim Musizieren nicht, manche rhythmischen Figuren deutlich genug hörbar zu machen oder sie sind irgendwie ungenau? Ein neues Tempo will sich nach einem Tempoübergang nicht gleich stabil einstellen lassen oder manchen Phrasen mangelt es an Prägnanz?

In vielen solchen Situationen kann das Konzept der zweiten Note helfen, das Problem zu lösen.


Lesen Sie weiter, wenn Sie erfahren möchten, wie!

Konzept der zweiten Note

Was ist mit dem “Konzept der zweiten Note” gemeint?

Musik besteht zumeist aus Melodien und Rhythmen. Das sind einfach gesprochen mehrere zusammengehörige Töne oder Noten. Sobald diese vorhanden sind, existiert innerhalb einer musikalischen Einheit auch eine zweite Note, die auf die erste folgt.

Überall im gesamten Stück existieren zweite Noten. Jede Untereinheit, jede Phrase, jede kurze rhythmische Figur hat eine zweite Note. Diese steht immer in Bezug zur ersten Note.

Diese Relation ist es, worauf das Konzept der zweiten Note abzielt.

Hier ist vor allem die zweite Note im Zusammenhang mit kleinen Untereinheiten gemeint.

Hier ein paar Beispiele:

Was ist so besonders an der zweiten Note?

Im Gegensatz zur ersten Note, die nur den Beginn eines Ereignisses markiert, gibt die zweite enorm viel Information über die Entwicklung der musikalischen Phrase preis.

Sie bestimmt:

– das Tempo – durch den zeitlichen Abstand zur ersten Note
– wie klar der Rhythmus zu verstehen ist – durch ihre Klangqualität und Lautstärke
– welche dynamische Entwicklung stattfindet – durch ihre Lautstärke
– ob der Rhythmus einer Figur in sich stabil wirkt – indem die nachfolgenden Töne die Eigenschaften der zweiten Noten nachahmen.

>> Die zweite Note kann als Muster für nachfolgenden Töne fungieren, das nachgeahmt wird, um Stabilität und Kontinuität zu erzeugen.

Oft werden rhythmische Figuren in Bezug auf das globale Tempo zur richtigen Zeit gespielt und haben die entsprechende Länge, aber in sich wirken sie ungenau oder unverständlich. Das kann häufig durch bewussten Umgang mit der zweiten Note behoben werden.

Ist die zweite Note erst einmal richtig etabliert, ist der Rest der Figur viel weniger ein Problem.

Was mache ich jetzt mit der zweiten Note?

Wenn ich eine Stelle in meiner gespielten Musik gefunden habe, die Probleme in den o.g. Bereichen o.ä. aufweist, lohnt es sich die Charakteristik der zweiten Note genau zu überprüfen.

– Ist die Rhythmik ungenau: möglicherweise kommt die zweite Note zu früh oder zu spät. Bei schnellen Noten wie 16teln ist es nicht selten der Fall, dass die zweite Note zu früh erklingt, bei Triolen zu spät.

– Wirkt die Figur undeutlich: die zweite Note könnte zu leise gegenüber der ersten Note sein

– Fällt es mir schwer, ein schnelles Crescendo innerhalb weniger Noten zu spielen: die zweite Note sollte wirklich entsprechend lauter als die erste gespielt werden.

Dann ändere ich dies entsprechend und prüfe, ob es sich zum positiven verändert hat.

Wie finde ich heraus, wie die zweite Note sein sollte?

Das zu wissen, erfordert Erfahrung und Probierfreude. Auch ein Lehrer, der mit dem Konzept vertraut ist, kann dabei helfen.

Der erste Schritt besteht darin, den Blick für zweite Noten zu trainieren.

Dann kann ich beginnen herum zu probieren. Die Anzahl der möglichen Parameter hält sich in Grenzen:
– Lautstärke in Relation zur ersten Note (lauter oder leiser),
– Abstand zur ersten Note (früher oder später),
– Klangqualität (weicher oder härter,…).
– Es kommen noch instrumentenspezifische, spieltechnische Parameter dazu, wie z.B. wie ist die Ausholbewegung für einen Schlag, wie viel Schwung hat der Bogen, etc.

Vor allem beim Üben mit Aufnahme (siehe “Üben mit Aufnahme”) kann ich sehr schnell feststellen, ob sich meine gespielte Figur verbessert oder nicht.

Auch beim Advanced-Click-Training (siehe “Advanced-Click-Training”) kann man sofort bemerken, an welchen Stellen die zweite Note nicht optimal im Rhythmus ist.

Es gibt auch einen Punkt, an dem die Anpassung der zweiten Note zu viel des Guten ist. Diesen herauszufinden kostet etwas Feingefühl. Meistens ist es eine geringe, subtile Veränderung, die viel bewirkt. Manchmal reicht es auch schon, nur das Bewusstsein auf die zweite Note zu lenken.

Ich muss mir nicht unnötige Gedanken um alle zweiten Noten in einem Stück machen. Die Suche danach ist dann sinnvoll, wenn es darum geht Probleme zu lösen.

Allerdings erkenne ich immer mehr Möglichkeiten und Situationen, in denen ich das Konzept anwenden kann, wenn ich ein Gespür dafür entwickelt habe, was die zweite Note bewirken kann.

Wie ist das unter der zweiten Note als Muster und der Nachahmung zu verstehen?

Wenn ich eine rhythmische Figur ohne genauere Analyse intuitiv spiele, gibt es keine klare Orientierung, sondern ich habe nur ein etwaige Vorstellung davon, wie die Figur in ihrer Gesamtheit klingt.

Indem ich mein Bewusstsein auf die zweite Note lenke und genau festlege, wie ich diese spielen möchte, habe ich eine exakte Markierung an der ich die folgenden Noten messen kann.

Das heißt nicht, dass diese exakt wie die zweite gespielt werden sollen. Aber es gibt eben einen klaren Orientierungspunkt.

Beispiel: Will ich eine regelmäßige rhythmische Figur exakt spielen, wie z.B. aufeinanderfolgende 16tel, dann helfe ich mir, indem ich die zweite Note mit Bewusstsein spiele und die Darauffolgenden das lediglich imitieren.

Aber so einfach, wie das hier erklärt wird, ist es beim Üben bestimmt nicht!

Dieses Konzept anzuwenden, benötigt einen wenig Übung, fördert aber auch die Experimentierfreudigkeit und das Feingefühl. Das genau ist es ja auch, was wir beim Üben entwickeln wollen.

Das Konzept der zweiten Note ist eine Methode, bei der ich das Bewusstsein auf eine Problemzone lenke, die ich bisher möglicherweise außer Acht gelassen habe, in der aber viel Potential zur Verbesserung steckt.